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„Griffen – Auf den Spuren von Peter Handke“. Ein Film von Bernd Liepold-Mosser.“Griffen – Auf den Spuren von Peter Handke“ nennt Bernd Liepold-Mosser seinen Film, und hier beginnt schon das Übel, denn der Titel erweckt den Anspruch einer vorurteilsfreien, suchenden Bewegung. Das trifft jedoch nicht zu. Das Spurensuchen ist eine reine Behauptung. Es geht dem Regisseur nicht um eine objektive Darstellung der Griffener und ihrem „Verhältnis“ zum bekanntesten Sohn der Stadt, der selbst übrigens kein einziges Mal auftaucht. Das Urteil war längst gesprochen – der Kärntner Provinzialismus soll aus- und bloßgestellt werden. Und so werden Leute befragt, die sichtlich keine Ahnung von oder über Handke haben (bzw. haben können), aber die Gelegenheit nutzen, endlich einmal ihre Meinung zu sagen. Dabei nimmt Liepold-Mosser – übrigens selbst geborener Griffener – in Kauf, dass mit der Auswahl der Befragten eine Art Repräsentativität suggeriert wird. Dabei geht es in Wirklichkeit nur um die Bebilderung (und Vertonung) des Ressentiments. Das beginnt schon mit der durchgängigen Untertitelung des Films, die nicht zwingend erscheint, aber natürlich blendend in die Inszenierung des Exotischen passt. Im Nachspann ist neben der „Schnittassistenz“ dann auch protzig ein Übersetzer angegeben. Wie ein Ethnologe des 19. Jahrhunderts, der die „Guten Wilden“ fotografiert, stellt der Regisseur die Befragten nicht nur aus, sondern – in mindestens einem Fall (einer sichtbar geistig behinderten Frau) – bloß. Praktiziert wird hier ein widerliches Draufhalten ohne jeden Erkenntniswert in der Tradition eines Sudeljournalismus, der sich an (situativen) Unzulänglichkeiten von Protagonisten ergötzt und eine Kritik an diesen Methoden mit unschuldiger Miene als „Authentizität“ rechtfertigt. So kommt Handkes Bruder Hans Gregor (1949 geboren und damit sieben Jahre jünger als dieser) ausführlich zu Wort. Nein, Slowenisch sei in der Familie nie gesprochen worden. Bücher seines Bruders habe er noch keines gelesen. Dennoch merkt man diesem Mann seinen Stolz an. Er zeigt einen der kurzen Postkartengrüße, die er von Peter Handke immer wieder erhält und verteidigt Wunschloses Unglück gegen die Vorwürfe mangelnden Realitätsbezugs als Roman. In diesen kurzen Momenten ist auch Liepold-Mosser nicht in der Lage, die Würde Hans Gregor Handkes zu beschädigen. Doch erschrickt der Zuschauer über dessen gesundheitlichen Zustand; er spricht kaum verständlich und erwähnt mindestens zweimal, dass er nicht mehr reisen könne. Vom Regisseur kein erklärendes Wort hierzu, nicht einmal eine kurze Einblendung, dass Hans Gregor an Speicheldrüsenkrebs erkrankt war und die schwierige Artikulation operations- und krankheitsbedingt ist. So wird er ausgestellt wie ein seltenes Tier. In einer anderen Szene sucht die Direktorin der Hauptschule in Griffen die Handke-Bücher der Schulbibliothek. Die Kamera folgt ihr, aber die Bücher bleiben bis auf eines unauffindbar. Der Eindruck, der sich einstellt: Hier verschlampt man die Werke des berühmten Griffeners. Am Ende liest Frau Pleschiutschnig einen Brief Handkes vor, den er nach einem Besuch in seiner alten Schule geschrieben hatte. Dieses Briefvorlesen ist die schönste Szene des Films, weil er Handkes Respekt und Ehrfurcht vor den Menschen seines Ortes zeigt – einen Respekt, den der Regisseur nicht hat. Liepold-Mossers ethnologisch-folkloristischer Blick (neben den genannten Beispielen gibt es auch noch eine längere Sequenz über ein Fest nebst Parade des Kärntner Abwehrkämpferbundes) ist vorsätzlich pejorativ. Da will sich einer erhöhen, indem er die „Ureinwohner“ vorführt (oder bestenfalls als tumbe Auskunftgeber benutzt). Der Lacher zu Beginn schämt sich der Zuschauer bald (und man ist froh, die Perfidie des Tricksers früh zu bemerken). Der Film ist ein Beispiel für die Gefahren der Manipulation von Dokumentarfilmen, die ausschließlich „passende“ Aussagen aneinanderreihen und suggestiv bebildern. „Griffen“ beschmutzt das ehrenwerte Genre des Dokumentarfilms durch sein tendenziöses Vorgehen bis in die kleinste Kameraeinstellung hinein. Man spürt es und bekommt es bestätigt von Leuten, die sich ein bisschen besser auskennen in Kärnten (und sogar Griffen). Seltsam, wie man in Wien für den Film mit Handkes Brief an Liepold-Mosser wirbt. Liest man ihn genau (s. Seite 10 des Presseheftes) und ist auch nur ein bisschen mit der Sprache des Schriftstellers vertraut, dann erweist sich der HYPERLINK "" „freundliche Brief“ (wie Liepold-Mosser wähnt) als geradezu vernichtende Kritik.
Bernd Liepold-Mosser, „Griffen – Auf den Spuren von Peter Handke“. Dokumentarfilm. Österreich 2012. 79 Minuten
Lothar Struck, „Der mit seinem Jugoslawien“. Peter Handke im Spannungsfeld zwischen Literatur, Medien und Politik. 324 Seiten, Paperback. Verlag Ille & Riemer, Leipzig und Weißenfels 2012. 24,80 Euro
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ORF-Literaturexpertin Katja Gasser traf Schriftsteller
Peter Handke,zu einem Gespräch anlässlich seines bevorstehenden 70.
Geburtstags im,Wiener "Gasthaus zum Friedhof der Namenlosen". Er ist
ohne Zweifel,einer der bedeutendsten europäischen Autoren der Gegenwart,
zugleich,einer der umstrittensten: Peter Handke. Anfang Dezember wird
der,Provokateur wider Willen 70 Jahre alt. Dieser Tage erscheint
sein,neues Buch "Versuch über den stillen Ort", das, wie alle
seine,"Versuche", autobiografisch gefärbt ist.,Auch darin streift er
wieder seine kärntnerisch-slowenischen Wurzeln,und macht deutlich: Der,
der hier erzählt, ist überzeugt, dass,Allgemeingültiges nur
hervorbringen kann, wer im Schreiben ganz tief,in sich hineindringt.
Dass Schreiben gegen die Schnelligkeit und Gier,nach leicht Verdaubarem
der Welt gerichtet sein muss, um von Dauer zu,sein: Unter anderem
darüber spricht Peter Handke mit Katja Gasser,,der er eines seiner raren
ausführlichen TV-Interviews gegeben hat. ,Darüber hinaus spricht Peter
Handke über die "Pflicht zur Freude"',,die eigenen Schwächen, über den
Rand als Zentrum, über die,Verbundenheit zu Österreich, über Europa als
ehemalige Hoffnung, über,die Notwendigkeit von Verwandlung, über die
"slawische Seele" und die,unerschütterliche Liebe zum Balkan, über den
Unterschied zwischen,Politik in der Literatur und Politisieren im
Gespräch und vieles,andere mehr.,Peter Handke zeigt sich in diesem
Gespräch versöhnlicher gestimmt als,ehemals, zugleich widerständig und
widerspenstig wie immer. Es zeigt,sich darin unmissverständlich: Hier
spricht jemand, der sich der,Literatur verschrieben hat und damit der
Erforschung von und Suche,nach Wahrheit, die kein Ankommen kennt:
Literatur, die den Namen,verdient, geht immer ins Offene, geht nie auf
einen Endpunkt zu und,braucht keine Propagandisten.
This is the live link to the interview
http://tvthek.orf.at/topics/Kultur/4763927-Kulturmontag/segments/4769175-70-Jahre-Peter-Handke
LITERATUR | VORTRAG/DISKUSSION
This is the live link to the interview
http://tvthek.orf.at/topics/Kultur/4763927-Kulturmontag/segments/4769175-70-Jahre-Peter-Handke
LITERATUR | VORTRAG/DISKUSSION
Peter Handke
"Lebensgeschichten / Werkgeschichten". Symposium und Literaturfest zum Werk des Kärntner Schriftstellers. Do ab 20 Uhr, Fr bis So ab 9.30 Uhr. Lesungen u. a. mit Maja Haderlap und Josef Winkler.
Konzept: Thomas Eder, Klaus Kastberger
Veranstalter: kunsthaus muerz und Gesellschaft zur Erforschung von Grundlagen der Literatur
In Kooperation mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Projekt «Forschungsplattform Peter Handke» (FWF P23144-G20)
Peter Handke, der im Dezember 2012 seinen 70. Geburtstag feiert, ist ein österreichischer Schriftsteller von europäischem Rang. Vor allem aber ist er als Dichter autonom und in seinem Schreiben stets risikobereit geblieben. Sein legendärer Auftritt vor der Gruppe 47 machte Handke Mitte der 1960er Jahre über Nacht zum Jungstar der deutschsprachigen Literatur. Ein Beatnik, der den Rhythmus der Zeit auf seiner Seite hatte und der Literatur und dem Theater neue Ausdrucksformen gab.
Auf seinen frühen Erfolgen ruhte sich Handke nicht aus. Stattdessen formulierte er seinen Anspruch auf poetische Wahrhaftigkeit immer wieder neu. Dabei legte er Werke vor, die sich planvoll gegen äußere Vorgaben zur Wehr setzen. Gerade dort, wo der Autor den radikal subjektiven Zugang sucht, berührt er gesellschaftliche und politische Fragen nicht nur, sondern löst bei professionellen Meinungsmachern oft die heftigsten Reaktionen aus.
Immer wieder (und so auch im Fall seiner Auseinandersetzung mit dem Zerfall Jugoslawiens) ist es die eigene Lebensgeschichte, aus der sich Handkes Schreiben nährt. Nichts ist erfunden in dieser Literatur. Alles ist vorgefunden, und sehr viel in Quellen belegt, über die der Autor auch bereitwillig Auskunft gibt. Geleitet von literarischen Einflüssen, die von antiker Geschichtsschreibung bis zu Goethe, von Homer bis Heidegger und von Parzival bis Kafka reichen, gewinnt eigenes Leben hier ästhetische Autonomie - vermittelt in dem breiten Spektrum literarischer Formen, das Handke entwickelt hat und das er bis heute beständig erweitert.
Nach der Person Handkes richtet sich mittlerweile auch ein ganz direktesbiographisches Interesse. Das gegenständliche Symposium reflektiert die Relation von Leben und Schreiben in einem größeren Rahmen, indem es (erstens) der Frage nach der Rolle des Erzählens für die Ausbildung von Selbst-Konzepten nachgeht und (zweitens) die Lebensgeschichte des Autors ganz bewusst neben die Entstehungsgeschichte seiner Werke stellt. Die materiellen Spuren des Schreibens, die in Handkes Poetologie immer ein Thema sind, werden heute in Vorlassbeständen in österreichischen und deutschen Archiven unmittelbar sichtbar. Gerade auch anhand jener Werkmaterialien zeigt sich, von welchen Kräften Handkes Schreiben getragen ist und wie einzigartig sein Werk inmitten der deutschsprachigen Literatur steht.
donnerstag / 20. september / kunsthaus muerz / clix
20.00 uhr
Hans Höller: Familienkonstellationen bei Peter Handke. Eine Einführung
Libgart Schwarz: Lesung aus Wunschloses Unglück
freitag / 21. september / kunsthaus muerz / clix
Materialität des Schreibens
9.30 uhr
Almuth Grésillon: Literarische Handschriften aus der Perspektive der «critique génétique»
Sandro Zanetti: Notizen, Tagebucheinträge, Werke.
Perspektiven der Schreibprozessforschung auf Handkes Schriften
11.30 uhr
Ulrich von Bülow: The Philosopher’s Stone?
Peter Handkes Spinoza-Lektüren
Klaus Kastberger: Inventing Peace: Peter Handke und die Geschichte
15.30 uhr
Karl Wagner: Krieg und Widerstand in der Literatur: Peter Handkes Immer noch Sturm und Maja Haderlaps Engel des Vergessens
Juliane Vogel: Apfelgarten und Geschichtslandschaft. Fallszenarien bei Bernhard und Handke
18.00 uhr
Aus eigenen Werken lesen korrespondierende Stellen zu Peter Handke:
Reinhard Kaiser-Mühlecker
Maja Haderlap
mit anschließender Diskussion
Moderation: Thomas Eder
samstag, 22. september / kunsthaus muerz / clix
Konstruktionen Leben / Werk
9.30 uhr
Thomas Eder: «Mein Leben. 2. Teil» - Literarische Erfindung von Selbst
Nicole Rossmanith: Ich, Du und Welt er-zählend er-handeln. Cognitive Science meets Literature
11.30 uhr
Lothar Struck: Keuschnig statt Kobal - Das Wechselspiel von Sprachkritik und Erzählen im Werk Peter Handkes
Martin Sexl: Poesie als Medienkritik - Die Jugoslawien-Kriege im Werk Peter Handkes
15.30 uhr
Anja Pompe: Autorschaft ohne Vaterschaft -
Vaterschaft ohne Autorschaft. Peter Handke und Pop
Malte Herwig: Peter und die Partisanen
18.00 uhr
Aus eigenen Werken lesen korrespondierende Stellen zu Peter Handke:
Rosemarie Poiarkov
Josef Winkler
mit anschließender Diskussion
Moderation: Klaus Kastberger
sonntag, 23. september / kunsthaus muerz / clix
Handkes Orte
9.30 uhr
Eine Einführung von Katharina Pektor
anschließend Gesprächsrunde mit Kurzstatements
von Jochen Jung (Salzburg), Alfred Kolleritsch (Graz) und Hans Widrich (Salzburg)
Moderation: Thomas Eder
11.00 uhr
Gesprächsrunde mit Kurzstatements von Thomas Deichmann (Jugoslawien), Georg Schiffleithner (Aix), Dominik Srienc (Spanien) und Lojze Wieser (Slowenien)
Moderation: Klaus Kastberger
Veranstalter: kunsthaus muerz und Gesellschaft zur Erforschung von Grundlagen der Literatur
In Kooperation mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Projekt «Forschungsplattform Peter Handke» (FWF P23144-G20)
Peter Handke, der im Dezember 2012 seinen 70. Geburtstag feiert, ist ein österreichischer Schriftsteller von europäischem Rang. Vor allem aber ist er als Dichter autonom und in seinem Schreiben stets risikobereit geblieben. Sein legendärer Auftritt vor der Gruppe 47 machte Handke Mitte der 1960er Jahre über Nacht zum Jungstar der deutschsprachigen Literatur. Ein Beatnik, der den Rhythmus der Zeit auf seiner Seite hatte und der Literatur und dem Theater neue Ausdrucksformen gab.
Auf seinen frühen Erfolgen ruhte sich Handke nicht aus. Stattdessen formulierte er seinen Anspruch auf poetische Wahrhaftigkeit immer wieder neu. Dabei legte er Werke vor, die sich planvoll gegen äußere Vorgaben zur Wehr setzen. Gerade dort, wo der Autor den radikal subjektiven Zugang sucht, berührt er gesellschaftliche und politische Fragen nicht nur, sondern löst bei professionellen Meinungsmachern oft die heftigsten Reaktionen aus.
Immer wieder (und so auch im Fall seiner Auseinandersetzung mit dem Zerfall Jugoslawiens) ist es die eigene Lebensgeschichte, aus der sich Handkes Schreiben nährt. Nichts ist erfunden in dieser Literatur. Alles ist vorgefunden, und sehr viel in Quellen belegt, über die der Autor auch bereitwillig Auskunft gibt. Geleitet von literarischen Einflüssen, die von antiker Geschichtsschreibung bis zu Goethe, von Homer bis Heidegger und von Parzival bis Kafka reichen, gewinnt eigenes Leben hier ästhetische Autonomie - vermittelt in dem breiten Spektrum literarischer Formen, das Handke entwickelt hat und das er bis heute beständig erweitert.
Nach der Person Handkes richtet sich mittlerweile auch ein ganz direktesbiographisches Interesse. Das gegenständliche Symposium reflektiert die Relation von Leben und Schreiben in einem größeren Rahmen, indem es (erstens) der Frage nach der Rolle des Erzählens für die Ausbildung von Selbst-Konzepten nachgeht und (zweitens) die Lebensgeschichte des Autors ganz bewusst neben die Entstehungsgeschichte seiner Werke stellt. Die materiellen Spuren des Schreibens, die in Handkes Poetologie immer ein Thema sind, werden heute in Vorlassbeständen in österreichischen und deutschen Archiven unmittelbar sichtbar. Gerade auch anhand jener Werkmaterialien zeigt sich, von welchen Kräften Handkes Schreiben getragen ist und wie einzigartig sein Werk inmitten der deutschsprachigen Literatur steht.
donnerstag / 20. september / kunsthaus muerz / clix
20.00 uhr
Hans Höller: Familienkonstellationen bei Peter Handke. Eine Einführung
Libgart Schwarz: Lesung aus Wunschloses Unglück
freitag / 21. september / kunsthaus muerz / clix
Materialität des Schreibens
9.30 uhr
Almuth Grésillon: Literarische Handschriften aus der Perspektive der «critique génétique»
Sandro Zanetti: Notizen, Tagebucheinträge, Werke.
Perspektiven der Schreibprozessforschung auf Handkes Schriften
11.30 uhr
Ulrich von Bülow: The Philosopher’s Stone?
Peter Handkes Spinoza-Lektüren
Klaus Kastberger: Inventing Peace: Peter Handke und die Geschichte
15.30 uhr
Karl Wagner: Krieg und Widerstand in der Literatur: Peter Handkes Immer noch Sturm und Maja Haderlaps Engel des Vergessens
Juliane Vogel: Apfelgarten und Geschichtslandschaft. Fallszenarien bei Bernhard und Handke
18.00 uhr
Aus eigenen Werken lesen korrespondierende Stellen zu Peter Handke:
Reinhard Kaiser-Mühlecker
Maja Haderlap
mit anschließender Diskussion
Moderation: Thomas Eder
samstag, 22. september / kunsthaus muerz / clix
Konstruktionen Leben / Werk
9.30 uhr
Thomas Eder: «Mein Leben. 2. Teil» - Literarische Erfindung von Selbst
Nicole Rossmanith: Ich, Du und Welt er-zählend er-handeln. Cognitive Science meets Literature
11.30 uhr
Lothar Struck: Keuschnig statt Kobal - Das Wechselspiel von Sprachkritik und Erzählen im Werk Peter Handkes
Martin Sexl: Poesie als Medienkritik - Die Jugoslawien-Kriege im Werk Peter Handkes
15.30 uhr
Anja Pompe: Autorschaft ohne Vaterschaft -
Vaterschaft ohne Autorschaft. Peter Handke und Pop
Malte Herwig: Peter und die Partisanen
18.00 uhr
Aus eigenen Werken lesen korrespondierende Stellen zu Peter Handke:
Rosemarie Poiarkov
Josef Winkler
mit anschließender Diskussion
Moderation: Klaus Kastberger
sonntag, 23. september / kunsthaus muerz / clix
Handkes Orte
9.30 uhr
Eine Einführung von Katharina Pektor
anschließend Gesprächsrunde mit Kurzstatements
von Jochen Jung (Salzburg), Alfred Kolleritsch (Graz) und Hans Widrich (Salzburg)
Moderation: Thomas Eder
11.00 uhr
Gesprächsrunde mit Kurzstatements von Thomas Deichmann (Jugoslawien), Georg Schiffleithner (Aix), Dominik Srienc (Spanien) und Lojze Wieser (Slowenien)
Moderation: Klaus Kastberger
Verlassen, verlassen: Handkes Heimat
16.09.2012 | 18:24 | THOMAS KRAMAR (Die Presse)
Bernd Liepold-Mosser auf den Spuren von Peter Handke: eine gelungene Doku über einen Ort, in dem Slowenisch noch immer peinlich scheint. Derzeit im Kino.
„,Verlassen, verlassen, / wie ein Stein auf der Straßen / so verlassen bin ich‘, mit der narrensicher imitierten Melancholie dieses künstlichen Heimatliedes steuerte sie ihren Teil zur allgemeinen und auch eigenen Lustbarkeit bei...“ So beschrieb Peter Handke 1972 in „Wunschloses Unglück“ die Phase seiner Mutter, in der „sich alles Persönliche ins Typische verlor“.
Bernd Liepold-Mosser setzt ebendieses Lied als Leitmotiv ein für seine Dokumentation über Griffen, den Geburtsort von Peter Handke, jenem Dichter, dem sein Biograf Malte Hedwig attestierte: „Arm von Geburt, wird er durch seinen Weltekel geadelt.“ Das sind starke Worte, doch Handke selbst nannte Österreich einmal „das Fette, an dem ich würge“. Ebenfalls im „Gewicht der Welt“ schrieb er: „Ich habe keine Heimat. Meine Heimat sind diese Bücher.“ Liepold-Mosser stellt das seinem Film als Motto voran; und ja, nach dieser 80-minütigen Reise durch Griffen und Umgebung versteht man wieder einmal, wie fremd man sich in der Heimat fühlen kann, wie fremd sich Handke dort fühlte, und wie fremd er seinen Landsleuten werden musste, um nicht seelisch zu ersticken.
„Spinner“, „totaler Außenseiter“
Handke sei „eine Sehenswürdigkeit Griffens“, sagt ein Schulbub brav. Erwachsene nennen ihn „Spinner“, „eigenartig“, „totaler Außenseiter“, „zu radikal“; er habe „keine Freunde, nix“ gehabt, sei ein Einzelgänger gewesen. An das störende Klimpern der Schreibmaschine unterm Nussbaum erinnert man sich gerade. Es sei komisch, was dieser Handke „da so z'sammg'schrieben“ habe, was in „Wunschloses Unglück“ stehe, stimme nicht; und wie könne einer, der nie Fußball gespielt habe, denn einen Roman namens „Die Angst des Tormanns vor dem Elfmeter“ schreiben?
Aber vor allem eines stört bis heute offenbar viele Griffener: dass Peter Handke „zuvü für die untere Seiten“ übriggehabt hätte, wie ein Interviewter sagt. Ein anderer drückt es klarer aus: Handke sei schon „sehr slowenisch geneigt“. Auch das macht diese ruhige, aber intensive Dokumentation bewusst: wie kräftig das Slowenische, das „Windische“ in Griffen (ehemals Windisch-Griffen) verdrängt wurde und wird; wie peinlich es vielen Kärntnern bis heute ist, dass Verwandte Slowenisch geredet haben oder gar reden. Handke selbst hat sich ja erst spät offensiv zu seinen slowenischen Wurzeln bekannt, zuletzt in „Immer noch Sturm“.
Aber auch das hat kaum wer gelesen oder gesehen in Griffen. Sogar Handkes Bruder erklärt ja fast stolz, er habe „nit a Buach“ gelesen, des sei „vü zu schwer für mi“, er brauche „Tschin-Bumm“.
Seltsam berührend sind die Passagen, in denen von Heimatbesuchen Peter Handkes die Rede ist, von Schnapsen, Schwammerln, Schule: Es muss eine seltsame Heimkehr sein, eine Heimkehr in eine Fremde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2012)
"EIN SUPER MENSCH UND SPINNER"
http://www.film.at/griffen-auf-den-spuren-von-peter-handke/detail.html?cc_detailpage=review
Peter Handkes Bruder ärgert sich, dass "der Peter uns immer während des Essens anruft". Ob er schon ein Buch von ihm gelesen hat? – "Naa, nicht ein einziges. Das ist mir viel zu schwer." Es ist eine skurrile Spurensuche, auf die sich Regisseur Liepold-Mosser in Griffen, dem Kärntner Heimatort Handkes, gemacht hat. Alle sind irgendwie stolz auf den "großen Sohn" ihrer Gemeinde, aber keiner kann sich dazu durchringen, etwas Gutes über ihn zu sagen. Handke nervt, aber keiner traut sich das vor der Kamera zuzugeben: Schon als Kind sei er ein Einzelgänger gewesen, habe "unterm Nußbaum mit der Schreibmaschin’ geklempert", so der Nachbar, ein knorriger Mann mit Gamshut. Im Grunde genommen sei er "ein super Mensch, aber hauptsächlich ein Spinner", sagt ein anderer. Einig sind sich alle darüber, dass sie nicht verstehen, warum Handke "so ins Slowenische neigt". Wo man doch die "Windischen" gar nicht mag. Ein tiefer Blick in die Kärntner Seele. Übrigens: Griffen hat auch eine schöne Burg.
Suanne Lintl/kurier.at
http://relevant.at/kultur/film/730998/griffen-wandert-den-spuren-peter-handke.story
"Griffen" wandert auf den Spuren von Peter Handke
12.09.2012 - 13:43
© APA (Herbert Neubauer)Der Regisseur besuchte Handkes Kärntner Heimatort
Am 6. Dezember feiert der österreichische Schriftsteller Peter Handke
seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass gibt es bereits von 20. bis 23.
September im Kunsthaus Mürz in Mürzzuschlag ein Symposium zu seinem
Leben und Werk. Ganz hervorragend passt dazu ein Film, der am kommenden
Freitag seinen österreichweiten Kino-Einsatz startet: "Griffen - Auf den
Spuren von Peter Handke".
Der
Autor und Filmemacher Bernd Liepold-Mosser, der im Vorjahr mit seiner
Bearbeitung und Inszenierung von Franz Kafkas "Amerika" den Nestroy für
die beste Bundesländer-Aufführung nach Klagenfurt geholt hatte, besuchte
für seine ungewöhnliche Doku Handkes Kärntner Heimatort und sprach mit
den Bewohnern über den großen Abwesenden. Denn der "große Sohn" Griffens
kommt in dem 80-minütigen Film, der bei der vergangenen Diagonale mit
dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, nie persönlich vor, immer nur in
Erinnerungen der Bewohner und Verwandten.
Dabei
lernt man etwa Peter Handkes Bruder kennen, der stolz einige Postkarten
mit Grüßen seines Bruders vorzeigt, aber auch keinerlei Scheu hat, zu
bekennen, nie eine Zeile aus dessen literarischer Produktion gelesen zu
haben. Man erfährt von den Dorfbewohnern, dass Peter Handke schon als
Kind ein Einzelgänger gewesen sei und auch als Jugendlicher seine Nase
nur in Bücher gesteckt habe. "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" habe
Handke nie selbst erlebt, wundert sich ein Bewohner über einen
Buchtitel des scheuen Literaten. "Am Fußballplatz hab ich ihn nie
gesehen!" Man bekommt aber auch einen Besuch Handkes in der Griffener
Schule geschildert, bei dem der Autor wie ein Popstar gefeiert wurde.
Und natürlich ist Handkes Einstellung zu Slowenien, ja zu ganz
Ex-Jugoslawien immer wieder ein Thema. Damit hat sich Peter Handke in
Griffen nicht viele Freunde gemacht.
Liepold-Mosser
ist selbst in Griffen aufgewachsen und versteht es, anhand der
abwesenden Figur des Schriftstellers ein Porträt der kleinen
Unterkärntner Marktgemeinde zu gestalten, in der die Skurrilität mancher
Bewohner nicht ausgestellt, aber auch nicht versteckt wird, und die
verdrängte zweisprachige Geschichte ebenso zur Sprache kommt wie das
nicht unproblematische Verhältnis der "kleinen Leute" zur "großen
Literatur". Ein gelungener Porträtfilm, der weniger Peter Handke
porträtiert als den Ort Griffen. Auf eine Ausstrahlung im
mitfinanzierenden ORF darf man sich freuen.
Filmische Spurensuche im Handkedorf
Von Sn-lena | Aktualisiert vor 1 Tagen
Als Kind sei er ein Einzelgänger gewesen, erinnern sich die Nachbarn an Handke. "Warum die ihn so hochjubeln? Ich kann mich nicht erinnern, dass der einmal einem Fußball nachgelaufen ist", sagt ein anderer, Handkes Expertise bei "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" in Zweifel ziehend. Unverständnis, Feindseligkeit, unreflektierte Bewunderung - die Reaktionen, die Liepold-Mosser einfängt, sind nicht die von Lesern oder Kritikern, sondern die von entfernten Bekannten, Fans, Intimfeinden. Die Zweisprachigkeit der Gemeinde und die Ressentiments der Deutschsprachigen gegen die Windischen werden zum wichtigen Thema.
Streckenweise denunziert der Film aber seine Gesprächspartner, indem er sich lustig macht, wenig nachfragt, plakative Bilder von Heimatverbänden gegenschneidet mit den zerfurchten Gesichtern älterer Männer, die vor jedem Satz einen langen Schluck aus der Bierflasche nehmen. Letztlich bleibt der Film an der Oberfläche und bestätigt Klischees eines kulturfeindlichen Ortes, der seinen wichtigsten Sohn nicht versteht.
Bei der Diagonale bekam "Griffen" den Publikumspreis, Handke selbst sieht den Film kritisch, wie er in einem Brief an den Regisseur schrieb: "Es ist ein vorgefasstes Griffen, das Sie exekutieren mehr als zeigen. Es fehlt die Forschung, wenn Sie erlauben: Das Mythische der Landschaft, der Formen, des Lichts der Gegend, was mich seit jeher stärker bestimmt hat als das ewig scheußlich Aktuelle."
Griffen - auf den Spuren von Peter Handke. Doku, Ö 2012. Regie: Bernd Liepold-Mosser. Start: 14. 9.
Auf den Spuren Peter Handkes
In den 60er-Jahren avancierte Peter Handke mit seiner Schmährede vor dem renommierten Autoren-Kollegium 47 zum enfant terrible:
Vor literarischen Größen wie Henrich Böll, Günther Grass, Ilse Aichinger oder Ingeborg Bachmann beklagte der damals 24-Jährige die „Beschreibungsimpotenz“ seine Kollegen.
Vor literarischen Größen wie Henrich Böll, Günther Grass, Ilse Aichinger oder Ingeborg Bachmann beklagte der damals 24-Jährige die „Beschreibungsimpotenz“ seine Kollegen.
Kunsthaus Mürz
„Freiheit für Serbien“
Doch damit nicht genug: Aufsehen erregte der Ausnahmeliterat auch Jahrzehnte später, als er nach dem Jugoslawienkrieg in einem Reisebericht Freiheit für Serbien forderte. Zwischen den großen Aufregern liegen aber Schaffensperioden, in denen Handke Literatur schrieb, die heute zur Allgemeinbildung zählt.
Keine allzu große Ehrfurcht zeigen
So sind in den Jahren in und um Österreich die Werke „Publikumsbeschimpfungen“, „Die Angst des Tormanns vor dem Elfmeter“, „Wunschloses Unglück“, „Himmel über Berlin“ oder „Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten“, entstanden - hochkarätige Werke, von denen man als Leser aber nicht allzu viel Ehrfurcht haben sollte.
Thomas Eder, der Organisator des Symposiums, rät: „Es ist natürlich für die Literaturwissenschaft eine große Herausforderung, Handke zu lesen, andererseits ist Literatur aber eine Darstellungsform, die nicht einem Spezialistentum vorbehalten sein sollte. Es ist ein Lesen des empfindsamen und offenen Gemüts - man kann sich an diesen Texten von Handke auf jeden Fall abarbeiten und immer auch Aufschlüsse für das eigene Leben und die eigene Biografie, vielleicht für das eigene Umgehen in der Welt in den Texten erwarten.“
Abstand vor gesellschaftlicher Zurichtung
Vor allem junge Menschen würden viel Freude mit Handkes Texten haben, ist sich Eder sicher: „Sich selbst offen und empfindsam halten und die Dinge auf einen zukommen zu lassen, ist eine Eigenschaft, die wahrscheinlich viele Menschen in ihrer Jugend teilen, im Laufe ihrer späteren Spezialisierung und Professionalisierung aber auch wieder verlieren. In Peter Handke kann wer gefunden werden, der sich in dieser Hinsicht immer freigehalten hat und immer auch Abstand bewahrt hat zu dieser Form der Zurichtung durch die alltäglichen Auseinandersetzungen, Gegebenheiten und Bedürfnisse.“
Ob Peter Handke selbst zum Symposium erscheint, ist noch ungewiss - fix hingegen kommen seine erste Frau Libgart Schwarz, der Verleger Louise Wieser und Autorenkollegen wie Alfred Kolleritsch und die Bachmann-Preisträgerin des Vorjahres, Maja Haderlap.
immer noch Sturm
Ein poetisch dramatisches Meisterwerk von Peter Handke. Kärntner Erstaufführung.
Immer noch Sturm von Peter Handke. Ein poetisch dramatisches Meisterwerk. Nestroy-Preisträger Bernd Liepold-Mosser inszeniert dieses ebenso mit dem Nestroypreis ausgezeichnete Stück Kärntner Kulturgeschichte.
Musik von Oliver Welter.
Zum Stück: Das Jaunfeld, im Süden Österreichs, in Kärnten. Um einen Ich-Erzähler Peter Handke versammeln sich die Vorfahren: Großeltern, Geschwister und auch die eigene Mutter erscheinen ihm und begleiten ihn bin in die Träume. Daraus erwächst ein meisterhaftes Familienepos, das sich von der Zwischenkriegszeit bis in die 50er Jahre erstreckt. Ein Stück Kärnten, die Geschichte eines Volkes, eine Geschichte der Kärntner Slowenen.
Musik von Oliver Welter.
Zum Stück: Das Jaunfeld, im Süden Österreichs, in Kärnten. Um einen Ich-Erzähler Peter Handke versammeln sich die Vorfahren: Großeltern, Geschwister und auch die eigene Mutter erscheinen ihm und begleiten ihn bin in die Träume. Daraus erwächst ein meisterhaftes Familienepos, das sich von der Zwischenkriegszeit bis in die 50er Jahre erstreckt. Ein Stück Kärnten, die Geschichte eines Volkes, eine Geschichte der Kärntner Slowenen.
Im
neuen Text von Peter Handke durchdringen sich Prosa und Drama,
Theatralisches und Poetisches, Historisches und Persönliches. Das
wahrscheinlich wichtigste Theaterstück für Kärnten, von einem der
größten Kärntner Schriftsteller.
Mit: Daniel Doujenis, Werner Halbedl, Katrin Ackerl Konstantin, Michael Kristof, Magda Kropiunig, Nadine Zeintl, u.a.
INFO: http://www.griffen-derfilm.at
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http://kurier.at/video/kino/1835342176001-im-kino-griffen-auf-den-spuren-von-peter-handke.php
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http://kurier.at/video/kino/1835342176001-im-kino-griffen-auf-den-spuren-von-peter-handke.php
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